Reisebericht China

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Da wir wieder einmal 8000 Kilometer geschafft haben, wird es Zeit fuer den zweiten Bericht. Mit Irkutsk war ja schon der groesste Teil der Strecke nach Peking geschafft, so dass wir von dort aus nur noch zwei Tage mit dem Zug fahren mussten. Mit der Transmongolischen Eisenbahn ging es durch das verschneite Ulan-Bator und die Wuesten der Mongolei. Bei den stundenlangen Grenzaufenthalten wurden auch jeweils die Speisewagen gewechselt, so dass wir auf dieser Fahrt sowohl in den Genuss der mongolischen als auch der chinesischen Kueche kamen. Das Negative dieser langen Aufenthalte waren die verschlossenen Toiletten. Dennoch sind wir am Ende trocken in Peking angekommen. Dort ging dann die Suche nach einer Jugendherberge los: Die erste war geschlossen, die zweite (in der wir eine Nacht blieben) war eine Baustelle und als wir in die dritte umgezogen sind, haben wir eine vierte entdeckt, die viel schoener war. Dennoch ist es bei einem Umzug geblieben.

Nachdem wir durch unsere Herbergssuche die Innenstadt Pekings schon zu Fuss erkundet haben, haben wir uns am naechsten Tag mit dem Fahrrad auf den Weg zum Sommerpalast gemacht. Nach der zweistuendigen Fahrt hatten wir uns sowohl an die nicht vorhandenen Verkehrsregeln als auch an die ungewoehnlichen Fahreigenschaften eines bremsenlosen Rades gewoehnt. So waren wir froh, unsere Raeder am Sommerpalast erst einmal stehen zu lassen, um den sehr schoenen Park zu Fuss zu erkunden. Die Rueckfahrt war dann schon Routine und nach Einbruch der Dunkelheit haben uns dank unserer knalligen Warnwesten sogar Busse die Vorfahrt gewaehrt.

Den naechsten Tag haben wir an der Chinesischen Mauer verbracht. Wobei sich die Anreise deutlich schwieriger gestaltete, als sich das im Reisefuehrer las. So hat uns die Fahrt zwar Zeit und Nerven gekostet, aber im Vergleich zu den vom Hotel angebotenen Touren 3 Yuan (etwa 30 Cent) gespart. Die dreistuendige Wanderung auf der Mauer und das schoene Wetter haben uns dann aber allen Aerger vergessen lassen. Spannender Abschluss der Wanderung war die ungebremste Abfahrt mit einem Gurt an einem Seil haengend zurueck ins Tal.

Den darauf folgenden Tag haben wir Peking und der Verbotenen Stadt gewidmet. Die Palastanlage beeindruckt allein schon durch ihre riesigen Dimensionen. Leider fehlte uns die Zeit, um Peking weiter zu erkunden. Und bevor jemand fragt: Selbstverstaendlich haben wir Peking-Ente gegessen.

Die naechsten Tage waren durchorganisiert wie eine Pauschalreise. Noch in Peking haben wir sowohl die Flusskreuzfahrt auf dem Jangtse als auch die anschliessende Bahnfahrt nach Shanghai gebucht. Bezahlt haben wir in Bar und unser einziger Beleg dafuer war ein handgeschriebener DIN-A5-Zettel. Es war also spannend, ob bei unserer Ankunft im 2000 km entfernten Chongqing um 5 Uhr frueh tatsaechlich jemand auf uns wartet, um uns die Tickets zu ueberreichen. Und tatsaechlich: Es war jemand da! So konnte unsere Kreuzfahrt nach einem herrlichen Tag in der Industriemetropole beginnen. Wie wir den Tag verbracht haben? Internet-Cafe, Tempelbesichtigung, McDonalds, Friseur fuer Karl, Schuhe putzen lassen fuer beide.

Wer glaubt, dass eine Kreuzfahrt entspannend ist, der kennt den Fahrplan unseres Schiffes nicht. 1. Tag 5.30 Uhr aufstehen zum Besichtigen einer Geisterstadt, 2. Tag 6.00 Uhr Durchfahrt durch die erste der Drei Schluchten, 3. Tag Ankunft 4.00 Uhr frueh, aber wir durften grosszuegigerweise bis 6.40 Uhr auf dem Schiff bleiben - “for free!” Zu christlicheren Zeiten stand die Besichtigung einer 12-stoeckigen Pagode und der Ausflug in die Drei Kleinen Schluchten und mit noch kleinerem Boot in die Drei Mini-Schluchten auf dem Plan. Die dritte grosse Schlucht haben wir dagegen nicht sehen koennen, da es schon dunkel war. Beeindruckend waren die fuenf hintereinander angeordneten Schleussen am grossen Staudamm, die uns um insgesamt 75 Meter abgesenkt haben.

Bei unserer Ankunft in Yichang war uns dann schon etwas mulmig. Hier sollten wir unsere Bahntickets bekommen, aber weit und breit war niemand zu sehen. Doch keine Panik, die junge Frau hat nur ausser Sichtweite am Hafenausgang auf uns gewartet. Die drei Stunden bis zur Abfahrt des Zuges haben wir dann mit einem Stadtbummel verbracht. So frueh am Morgen kann man etliche aeltere Chinesen beim gemeinsamen Fruehsport beobachten.

Fuer die kurze Zugfahrt nach Shanghai haben wir “Hard-Sleeper” gebucht. Das sind im Prinzip 6er-Liegewagen-Abteile ohne Tueren mit staendiger Geraeuschberieselung durch Lautsprecher (inkl. Musikbeschallung), augeliehene Fernseher, Verkaeufer, Telefonierer und Suppenschluerfer ab Punkt 6.00 Uhr frueh. Auch wenn die Chinesen sonst nicht immer die ordentlichsten sind, bewahren sie doch beim Essen eiserne Disziplin: 6.00 Uhr Fruehstueck, 12.00 Uhr Mittagessen und 18.00 Uhr Abendessen, puenktlich auf die Minute! Beim Mittagessen im Speissewagen um 13 Uhr haben wir dann Lisa kennengelernt, eine Chinesin, die mit ihrem deutschen Mann in L.A. wohnt und schon saemtliche Zuege einer richtigen Amerikanerin angenommen hat. Auf jeden Fall hat sie uns zum Abendessen eingeladen, bei dem kraeftig aufgetischt wurde.

In Shanghai haben wir im noblen Astor-House Hotel (“Proper Dress Required!”) genaechtigt, das im Speicher billige Schlafsaele beherbergt. Aber vom Klo hat man einen schoenen Blick auf den Bund und die Hochhaeuser Pudongs. Den Weg zur Dusche drei Stockwerke tiefer legten wir taeglich in Badelatschen und mit umgehaengten Handtuechern ueber die praechtige Hoteltreppe zurueck. Zur Einstimmung auf die multikulturelle Stadt Shanghai haben wir den ersten Abend bei Leberkaes und Weissbier im Paulaner-Braeuhaus verbracht. Asiatische Bedienung in Tracht und wohlbekannte Speissen und Getraenke sind einem dann auch einmal 20 Euro wert.

Wichtigstes Ziel eines angehenden Verkehrsingenieurs in Shanghai ist natuerlich der Transrapid. Wenn man ihn erst einmal gefunden und sich die Zeit bis zur Abfahrt vertrieben hat, ist man damit richtig schnell am Flughafen. Eine Minute lang mit 431 km/h zu fahren ist schon ein beeindruckendes Erlebnis. Die Rueckfahrt mit der normalen U-Bahn kam uns dann so langsam vor, dass wir glatt zwei Stationen zu weit gefahren sind. Das muss uns bei einer Strecke von vier Stationen erst mal einer nachmachen. Anschliessend haben wir uns von diesen Erlebnissen bei einem Kaffee im 54. Stock des hoechsten Wolkenkratzers der Stadt erholt. Die Bar im 87. Stock war leider noch geschlossen. Wer nicht mit der normalen U-Bahn zurueck in die Innenstadt fahren will, nimmt wie wir die vollautomatische Touristenbahn durch den Bund-Tunnel. Spektakulaere Laser-Animationen an der Tunnelwand sowie Soundeffekte runden das Bild vom futuristischen Shanghai ab. Ausserdem konnten wir so nicht zu weit fahren. Dass wir uns dann trotzdem noch hoffnungslos in der chinesischen Altstadt verlaufen haben, fuehren wir hier mal nicht weiter aus.

Jedenfalls haben wir wieder heraus gefunden und uns beim Italiener ein mehrgaengiges Menue geleistet. Bei "heimischer" Kueche fallen einem besonders die chinesischen Eigenheiten auf: Saemtliche Gaenge werden gleichzeitig und nur wenige Sekunden nach der Bestellung gebracht. So hat man dann Aperitif, Suppe, Salat, Brot, Pizza, Nudeln, Tee und Bier gleichzeitig auf dem kleinen Tisch stehen. Sobald man angefangen hat zu essen, bezieht ein Kellner neben dem Tisch Stellung, um einem so schnell wie moeglich leere Teller, Schuesseln und Tassen zu entreissen. Da bekommt man das Gefuehl, dass die Kueche ohne Geschirr dasteht, wenn man nicht schneller isst.

Einziger Programmpunkt am naechsten Tag war die Besichtigung des riessigen Stadtmodells von Shanghai, bevor es dann Richtung Huang Shan weiterging. Die Fahrt dorthin fuehrte ueber Nanjing, wo wir einen dreistuendigen Aufenthalt hatten. Diese Zeit wollten wir zum Abendessen im Zentrum der Millionenstadt nutzen. Leider war es schon nach 18 Uhr, so war die einzige offene Lokalitaet ein schottisches Spezialitaetenrestaurant. Unsere Frustration steigerte sich noch, als wir feststellten, dass die Liegeplaetze im Anschlusszug ausverkauft waren und wir Schweineklasse (Hard Seater) fahren mussten. So waren wir froh, als die schlaflose Nacht irgendwann ein Ende fand.

Den Vormittag haben wir dann in unserem Hotel mit dem Nachholen von Schlaf verbracht. Im Anschluss haben wir dann eine kleine Wanderung als Einstimmung auf die grosse Bergtour des naechsten Tages gemacht. Der Huang Shan (Gelber Berg) ist ein Bergmassiv aehnlich der Saechsischen Schweiz (nur hoeher und dafuer ohne Elbe) und ist DIE Attraktion fuer chinesische Touristengruppen. Um den 1800 Meter hohen Hauptgipfel zu erklimmen, war wieder einmal zeitiges Aufstehen angesagt. Nach dem Zahlen von 13 Euro Eintritt und 50 Cent fuer den Wanderstock konnte es bei Sonnenbrand provozierenden Wetter losgehen. Zu diesem Zeitpunkt war uns noch nicht klar, dass der gesamte Aufstieg aus Stufen besteht. Nach nicht einmal drei Stunden Treppensteigen war es dann aber soweit und wir konnten den Ausblick auf die anderen Gipfel geniessen. Nicht ganz so schnell waren all die Traeger, die trotz parallel verlaufender Seilbahn zentnerweise Waesche, Lebensmittel und sonstige Dinge den Berg hoch schleppten und alle 20 Stufen pausieren mussten. Genutzt wurde die Seilbahn hingegen von den Reisegruppen mit bunten Hueten, die von ihrem faehnchenschwingenden Reiseleiter per Megaphon die Sehenswuerdigkeiten erklaert bekommen haben. Nach dem Abstieg beschlossen wir, unseren Muskelkater bei einem Bad in den "heissen Quellen" der Gegend zu kurieren. Fuer nur 6 Euro Eintritt hatten wir die vergammelte Schwimmhalle ganz fuer uns allein.

Am naechsten Tag haben wir uns eine flache Route gesucht und sind zum "Emerald Valley" gewandert. Wie es dort genau aussieht wissen wir jedoch nicht, denn der Eintrittspreis von 4 Euro fuer ein bisschen Natur hat uns nach all den Ausgaben des Vortages den Rest gegeben. Unser Geld war ohnehin alle, da die Geldautomaten in der Gegend keine VISA-Karten annehmen, die Banken trotz angeschriebener Wechselkurse keine Euros wollen und die Hotels nicht einmal 200 Yuan vorraetig haben, auch wenn direkt vor einem jemand gerade seine 1000-Yuan-Rechnung in Bar beglichen hat.

Voellig blank kamen wir in der Millionenstadt Tunxi an, von wo unser naechster Zug abfahren sollte. Die Suche nach einem Geldautomaten fuehrte uns kreuz und quer durch die Stadt bis in die schoene Fussgaengerzone. Kurz vorm Aufgeben.wurden wir dann doch noch fuendig und wir koennen euch sagen: Geld macht doch gluecklich! So konnten wir dann auch den Rikscha-Fahrer bezahlen, der uns puenktlich am Bahnhof abgeliefert hat.

Im Liegewagen ging's dann nach Guangzhou (Kanton), einer Zwischenstation auf dem Weg nach Hong Kong. Da wir verspaetungsbedingt zwei Stunden Wartezeit zu ueberbruecken hatten, wollten wir uns gleich um die Fahrkarten fuer die Fahrt von Guangzhou zu unserem naechsten Ziel Guilin kuemmern. Leider kann man in China Fahrkarten nur maximal 3 Tage vorher kaufen, so dass es beim Versuch blieb. Als wir das Ticket spaeter in Hong Kong kaufen wollten, erklaerte man uns dort, dass man Fahrkarten fuer die Chinesische Bahn mindestens 5 Tage im Voraus kaufen muss. Wieder nix!

Wer nicht den durchgaengigen Zug nach Hong Kong nimmt, muss an der Grenze in Shenzhen umsteigen. Bis dorthin faehrt ein chinesischer Zug, der von aussen wie eine Kopie des franzoesischen TGV aussieht und ramponierte ICE-Sitz-Kopien hat. Nach einem Fussmarsch durch die Grenzkontrollen geht es mit der S-Bahn weiter, die selbst abends um 11 noch alle 7 Minuten faehrt. So waren wir kurz vor Mitternacht in Hong Kong und mussten feststellen, dass unsere Online-Reservierung fuer das Hostel wohl doch nicht funktioniert hat. Doch auch um diese Zeit werden einem auf der Strasse noch Zimmer angeboten, so dass wir schnell zu einer Unterkunft gekommen sind. Das fensterlose Mauseloch verfuegte sogar ueber ein Bad. Etwa 1 Quadratmeter gross, war doch genug Platz fuer Waschbecken, Dusche und Klo. Nur konnte man nicht gescheit auf dem Klo sitzen, da man zum Runterklappen der Klobrille das Waschbecken haette abschrauben muessen. Am naechsten Tag bekamen wir ein groesseres Zimmer, aber immer noch ohne Fenster. Trotzdem ist diese Art der Unterkunft aufgrund der Raumknappheit in Hong Kong wohl nicht ungewoehnlich. Ueber 100 Hostels und Pensionen befinden sich dicht gedraengt in zwei etwas heruntergekommenen 16-stoeckigen Wohnbloecken, in denen jeder Quadratmeter genutzt wird - auch fuer Laeden, Gaststaetten und Handwerksbetriebe.

Nach einer Nacht auf so engem Raum waren wir froh, uns etwas bewegen zu koennen und erkundeten die Stadt. Gestaerkt von Gebaeck und Kaffee an der Uferpromenade haben wir uns von der Faehre zu den Wolkenkratzern auf Hong Kong Island bringen lassen. Strassen werden in Hong Kong nicht ebenerdig, sondern auf Fussgaengerbruecken ueberquert. Diese bilden ein weit verzweigtes Netz und fuehren zu den verschiedenen Hochhaeusern und durch Einkaufszentren. Entsprechende Wegekenntnis vorausgesetzt, kommt man so recht schnell voran. Dank der Klimaanlagen in den Gebaeuden erlebt man dabei alles von heiss und feucht bis zu eiskalt und trocken. Natuerlich darf bei einem Hong-Kong-Aufenthalt auch die Fahrt mit der Doppeldecker-Strassenbahn nicht fehlen. Bei offenen Fenstern kann man in den alten Wagen die Stadt erleben.

Den zweiten Tag haben wir hauptsaechlich auf der Halbinsel Kowloon verbracht, wo sich auch unser Hostel befand. Bei einem ausgedehnten Spaziergang haben wir den Kowloon Park sowie den Blumen- und Vogelmarkt besucht. Danach sind wir zum alten Flughafen gefahren, der fuer spektakulaere Landeanfluege dicht ueber den Hochhaeusern bekannt war. Auf der nicht mehr genutzten Start- und Landebahn entsteht nun ein neuer Stadtteil. Buchstaeblicher Hoehepunkt eines jeden Hong-Kong-Besuchs ist der Blick vom Victoria Peak hinunter auf die Hochhaeuser. Hinaufgebracht von Meeresniveau auf 500 Meter Hoehe werden die Touristenmassen von der steilsten Standseilbahn, die wir je gesehen haben. Dank optimaler Zeitplanung haben wir den Gipfel gerade in der Daemmerung erreicht, so dass wir sowohl den Tag- als auch den Nachtblick auf die Stadt geniessen konnten. Den Abschluss des Tages bildete ein Kinobesuch, bei dem wir durch den argentinischen Film "The Motorcycle Diaries" (sehr empfehlenswert, falls er in Deutschland laufen sollte) einen Vorgeschmack auf den letzten Kontinent unserer Reise geboten bekommen haben.

Am dritten Tag sind wir einfach so durch die Stadt gebummelt und haben uns am Abend mit einer Freundin getroffen, die uns zum Schlangensuppenessen eingeladen hat.

Da Hong Kong etwas multikultureller als das restliche China ist, haben wir uns vor der Abreise am naechsten Nachmittag noch ein indisches Essen gegoennt.

Letztes Ziel in China ist die Felsenlandschaft um Yangshuo, wo wir uns derzeit aufhalten. Nach unserer Erholungspause in Hong Kong fallen uns jetzt wieder so richtig die unangenehmen Eigenschaften der Chinesen auf: Spucken, Laermen, Hupen, der Massentourismus und das Nichtvorhandensein von Verkehrsregeln. Leider haben wir zum ersten Mal auf unserer Reise richtiges Mistwetter, so dass wir die Berge nicht richtig erkunden koennen. Stattdessen laufen wir durch die Stadt und tippen Reiseberichte.

Morgen (15.11.04) werden wir den Zug nach Vietnam besteigen und freuen uns schon auf unser naechstes Ziel Hanoi.